Sizilien: Karl von Anjou

Sizilien: Karl von Anjou
Sizilien: Karl von Anjou
 
Als Kaiser Friedrich II. im Jahre 1250 starb, folgte ihm in Sizilien sein unehelicher Sohn Manfred, zunächst als Regent für den noch in Deutschland weilenden Konrad IV., dann - nach dessen Tod (1254) - als König von Sizilien. Papst Innozenz IV. und seine Nachfolger setzten jedoch den Kampf gegen das »verfluchte Geschlecht« der Staufer fort, ohne selbst in der Lage zu sein, Manfred aus Sizilien zu vertreiben. Nachdem der Versuch, den Sohn des englischen Königs Heinrich III. als Gegenkönig in Sizilien zu installieren, fehlgeschlagen war, gelang es Papst Urban IV. 1265, Karl von Anjou, den Bruder des französischen Königs Ludwig IX., für diese Aufgabe zu gewinnen. 1266 landete Karl mit Heeresmacht in Unteritalien und stellte Manfred bei Benevent zur Entscheidungsschlacht, in der der Staufer die Krone und sein Leben verlor.
 
Die despotische Herrschaft des neuen Königs rief jedoch bald Widerstand im einheimischen Adel hervor, wo man sich nun an den jungen Konrad, Sohn Konrads IV. und Enkel Friedrichs II., erinnerte, der in Deutschland am bayerischen Herzogshof aufgewachsen war und dessen Thronansprüche Manfred nach dem Tode Konrads IV. übergangen hatte. Der mittlerweile 15-jährige Staufererbe, den die Italiener »Conradino« (»kleiner Konrad«) nannten, zögerte nicht, die Herausforderung anzunehmen.
 
Zunächst nur von wenigen Anhängern begleitet, erhielt er auf dem Wege nach Süditalien beachtlichen Zulauf, sodass er sich im August 1268 bei Tagliacozzo Karl von Anjou zur Entscheidungsschlacht stellen konnte. Doch wieder entschied das Kriegsglück gegen die Staufer. Konradins Heer wurde geschlagen, er selbst fiel auf der Flucht in die Hände des Anjou, der ihn und seine engsten Vertrauten nach einem politischen Schauprozess zum Tode verurteilen und auf dem Marktplatz von Neapel enthaupten ließ.
 
Mit dem Tode des letzten Staufererben war Karls Herrschaft in Süditalien nicht mehr gefährdet, sodass er nun dazu übergehen konnte, seinen Einfluss auf Mittel- und Oberitalien auszudehnen und eine auf die Beherrschung des östlichen Mittelmeerraumes abzielende Großmachtpolitik (1272 Anerkennung als König von Albanien, 1277 Erwerb der Königsrechte im Restbestand des Königreiches Jerusalem, 1278 Erwerb von Achaia) zu betreiben. Er verbündete sich mit dem entthronten letzten lateinischen Kaiser Balduin II. zum Sturz des 1261 von Michael Palaiologos restaurierten griechischen Kaisertums in Konstantinopel.
 
Bevor ein geplanter Feldzug in die Tat umgesetzt werden konnte, brach jedoch am Ostermontag des Jahres 1282 in Palermo ein von den Byzantinern und König Peter III. von Aragón geschürter Volksaufstand (»Sizilianische Vesper«) aus, der in grausamen Massakern das verhasste Besatzungsregiment der Franzosen auf der Insel hinwegfegte. König Peter III. von Aragón, der eine Tochter König Manfreds geheiratet hatte, nahm die ihm von den Aufständischen angebotene Krone als König von Sizilien an und konnte seine Herrschaft auf der Insel gegenüber allen französischen Rückeroberungsversuchen behaupten. Im Frieden von Caltabelotta (1302) wurden die neuen Machtverhältnisse anerkannt. Sizilien blieb aragonesisch, Unteritalien französisch, bis es 1442 König Alfons V. von Aragón gelang, Sizilien und Unteritalien unter seiner Herrschaft wieder zu vereinigen.

Universal-Lexikon. 2012.

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